Seit 2014 verlagert sich unser Projektschwerpunkt zunehmend nach Bariloche, das zwar zur Kirchengemeinde Allen gehört, aber dennoch 450 km südwestlich davon entfernt am Fuße der Anden liegt.
Reiner Kalmbach schreibt uns hierzu:
„Die luth. Gemeinde in Bariloche hat vor einigen Jahren im „Barrio Frutillar“ (Erdbeersiedlung) zwei diakonische Projekte aufgebaut. Frutillar gehört wohl zu den grössten Armensiedlungen Argentiniens. Also von „Erdbeeratmosphäre“ weit und breit nichts zu spüren. Ungefähr 48.000 Menschen leben hier in den selben erbärmlichen Hütten, wie ihre Leidensgenossen in Buenos Aires oder in Rosario, mit dem Unterschied, dass die Temperaturen in Bariloche im Winter unter 20 Grad Minus fallen können.
Zusammen mit einer anderen Organisation hat die Gemeinde einen Gemeinschaftssaal gebaut (…) Die Einrichtung hat sich zu einem sozialen Zentrum entwickelt, in dem sich ständig Menschen aller Altersstufen treffen. Es werden Kinder betreut, Jugendliche mit Drogenproblemen an Spezialisten vermittelt, alleinstehende Frauen und Mütter erhalten Beratung und Hilfe, Kurse für Analphabeten werden angeboten…
Eine Gruppe von sechs Frauen aus der Gemeinde (ab und zu machen auch ein paar Männer mit) arbeiten an jeweils drei Nachmittagen in der Woche mit Frauen und Kindern. Die Frauen erhalten psychologische und praktische Unterstützung, nehmen an Nähkursen Teil und manche von ihnen muss auch schon mal ein paar Tage im Zentrum einziehen, wenn sie von ihrem alkoholisierten „Partner“ (mal wieder) verprügelt wurde. Die Kinder erhalten Unterstützung bei den Hausaufgaben und, was oft im Vordergrund steht, psychologische Hilfe. Sie kommen ja alle aus extrem schwierigen Verhältnissen.
In den ersten Jahren wurden die Projekte über das gemeinsame Projektbüro, das unsere beiden Kirchen in Buenos Aires betreiben, unterstützt. Da der Spendenfluss aus Übersee in den letzten Jahren praktisch versiegt ist, wurde das Büro im vergangenen Jahr aufgelöst. Die Frauen versuchten auf eigene Faust und auf Sparflamme alleine weiterzuwerkeln. Das war die Situation, als ich die Gemeinde übernommen habe. Natürlich hatte sich die langjährige Vakanz (die Gemeinde war drei Jahre ohne Pfarrer) nicht gerade positiv auf die Motivation der Mitarbeiter und die Gesamtsituation der Projekte ausgewirkt. (…)“
Künftig soll hier ein Projektschwerpunkt liegen.
„Was mich am meisten fasziniert ist, dass die Frauen diese Arbeit von „sich aus“ machen, d.h. die Projekte wurden ihnen nicht von außen aufgesetzt, sondern für die Gemeinde ist der Einsatz für die Frauen, Kinder und Jugendlichen im Frutillar ihre Art ihren Glauben zu leben. Sie haben versucht die Aktivitäten in den letzten Jahren mit grosser Mühe und unter persönlichen Opfern, aufrecht zu erhalten. Ich denke, da kann man wirklich etwas bewegen.“
Konkret konnte mit den Geldern 2015 eine Industrienähmaschine finanziert werden. Über den Verkauf von Textilprodukten könnte sich dann auch dieses Projekt eines Tages hoffentlich selbst tragen.
Pfarrer Reiner Kalmbach ist von dem Engagement der Frauen ganz beeindruckt: „Ich staune jedes Mal über die Energie, die Freude und Begeisterung, mit der diese Frauen kleine Erfolge erreichen. Mitte Mai hatte die Projektabteilung unserer Kirche ein Seminar für Mitarbeiter von Kleinprojekten veranstaltet. Es fand in Eldorado statt, in der Nordostprovinz Misiones, also ungefähr 3.500 km von hier. Wir schickten zwei Frauen aus dem Elendsviertel „Frutillar“ (Erdbeerhain), die zum ersten Mal in ihrem Leben eine solche Reise unternehmen durften (und sogar im Flugzeug!). Dort stellten sie ihre Arbeit vor, zeigten die Produkte die sie in der Nähwerkstatt herstellen, lernten Mitarbeiter vieler anderer Projekte kennen und sind jetzt Teil eines grossen Netzwerkes. Nach ihrer Rückkehr berichteten sie im Gottesdienst, zeigten Bilder und da kullerten natürlich die Tränen der Freude. Was mich am meisten berührt hat: die ganze Gemeinde freute sich sichtbar mit den beiden Frauen, die über das Projekt der Gemeinde den Weg aus der Aussichtslosigkeit gefunden haben. Der Glaube versetzt Berge, das ist wahr!“
Konkret wurde in 2015 unter anderem Geld ausgegeben für:
_ „Frutillar“: Nähmaschinen und Overlock-Nähmaschine, Schulmaterial für Kinder : 9.000,- EUR
_ „Maruka“: Ofen, Bodenbelag, Deckenverkleidung: 2.000,- EUR
_ Altenheim: Tiefenpumpe, Kühlraum, Waschmaschine: 5.500,-EUR
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