Gymnasium Blaubeuren vs. Ev. Seminar
185:168
Torschützenkönig: Christian Riedel (ca. 35 Tore)*
Am Montagmorgen geht im Raum C/D des Evangelisch-theolgischen Seminars die Tür auf. Einer nach dem anderen schleppen sich die Schüler ins Klassenzimmer und sinken mit einem lauten Stöhnen auf ihre Stühle. Am Nachmittag wird es so schlimm, daß der Schulleiter den Unterricht streicht – wegen der „besonderen Situation.“
Diese rührt her von einem 24stündigen Fußballspiel am Wochenende davor. Schüler des Seminars rackerten sich ab gegen eine Mannschaft vom benachbarten Gymnasium, und zwar von Samstag zwölf bis Sonntag zwölf. Rund 1000 Mark haben sie damit eingespielt für Straßenkinder in Paraguay. Das Evangelische Jugendwerk unterstützt dort seit einigen Jahren ein Zentrum, das Kinder von der Straße tagsüber versorgt pädagogisch betreut.
Während des Spiels dachte allerdings keiner der 24 Akteure an den guten Zweck. Von der ersten Minute an wurde konzentriert und motiviert gekickt, und das bei einem beachtlichen Tempo. Um jeden Ball wurde gekämpft. Die Unterstützung durch die Zuschauer überwand schnell die Angst, nicht durchzuhalten.
Von 13 bis 16 Uhr gab¦s leider eine Zwangspause – die Gluthitze veranlaßte den Schulleiter, seine Schützlinge vor den Gefahren der Sonne zu bewahren. Um so impossanter ging das Spiel um 16 Uhr in seine Marathonphase. Moderation, Musik, Wettspiele und Essen hielten Spieler und Fans bei Laune. Und das Spiel wankte spannend hin und her. Um halb zwei Uhr nachts stand es 80:80.
Ein ausgeklügeltes Wechselsystem regelte den Einsatz der Spieler: jeder sollte eine Stunde rennen, und sich dann eine Stunde erholen.
Dieses System fiel aber in der Nacht auseinander, weil einige Spieler der Schlaf übermannte. Der Härtetest von zwei bis halb vier: ein Gewitter mit Platzregen wird zum großen Handicap. Ausgekühlte, vereinsamte Spieler waren kurz davor, zumindest für eine Weile aufzugeben, hätten sie nicht einige treue Fans, die auch in der Nacht ausharrten, zum Weiterspielen animiert.
Als der Morgen graute, ging vollends alles wie von selbst. Da waren es auch nur noch sieben Stunden. Ein paar Nachtschwärmer statteten ihren Besuch ab, Eltern brachten Tee und Kaffee, die Sonne linste hinter den Hängen hervor. Dazwischen die aufmunternden Zurufe der Fans: „Nur vier Fußballspiele“, also noch vier mal neunzig Minuten.
Schon war die letzte Stunde gekommen, die Musik setzte wieder ein, die Zuschauerbänke füllten sich wieder, und die Spieler hängten sich nochmal kräftig rein, auch wenn das Gymnasium nun nicht mehr einzuholen war. 185: 168 lautete der Endstand, aber als Sieger durften sich alle fühlen, die durchgehalten hatten. „Unglaublich, wie lange wir zum Teil durchgespielt haben“; ist einer der Tapferen stolz, und ein anderer sagt: „Ich dachte eigentlich, wir schieben den Ball 24 Stunden hin und her.“ Ein dritter ergänzt: „Ein Wahnsinn, wie schnell die Bewegungen noch waren. Die Reflexe waren voll da.“ Und die Mütter freuten sich über die Fairness aller Akteure. Angesichts solcher Leistungen und Lobeshymnen durfte schon mal vergessen werden, daß am nächsten Morgen die Schule wieder anfing.
*unter Historikern umstritten. Auch Wolfgang Burger wird mitunter als Torschützenkönig genannt.
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